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Auktionen Münzhandlung Sonntag
Auction 38  29 Nov 2022
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Lot 1078

Estimate: 15 000 EUR
Lot unsold
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Kaiserzeit. Gratianus 367-383
AV-Medaillon zu 2 Solidi 375-378 -Trier-. D N GRATIA - NVS P F AVG. Büste nach rechts mit Perldiadem und Paludament über Kürass / GLORIA - RO - MANORVM. Roma und Constantinopolis thronend, Roma frontal und Constantinopolis zu ihr hingewandt, Roma hält Victoriola auf Globus und langes Szepter, Constantinopolis hält Victoriola auf Globus und Cornucopiae, rechter Fuß auf Prora. Im Abschnitt TROBT (Treveris Obryzum Tertia). RIC 36a, Gnecchi Tf. 19, Nr. 3, Toynbee -, Dressel -. 9,86 g
von großer Seltenheit, mit antikem Henkel, Knickspur und Kratzer auf dem Avers, sehr schön

Gratian wurde am 18. April 359 in Sirmium (heute Sremska Mitrovica, Serbien) als Sohn Valentians I. und der Marina geboren. Sein Vater Valentian I. regierte ab 364 das Weströmische Reich, während dessen Bruder Valens im östlichen Teil des Römischen Reiches herrschte. Gratian bekleidete bereits 366 im Alter von sieben Jahren das Konsulat und wurde ein Jahr später zum Augustus (Mitkaiser) ernannt. Nach dem Tod seines Vaters wurde Gratian 375 Kaiser des Westens. Gratians Halbbruder Valentian II. wurde von den Soldaten unter dem germanischen magister militum Merobaudes ebenfalls zum Kaiser ausgerufen. Gratian stimmte dieser Erhebung zu, zumal sein Halbbruder noch minderjährig war und somit keine ernsthafte Gefahr darstellte. Der germanische Heermeister Merobaudes erlangte eine hohe Stellung am Hofe Gratians und agierte relativ unabhängig. Gratians ehemaliger Erzieher Ausonius war im Umfeld des Kaisers besonders einflussreich und konnte in seinem Amt als quaestor sacri palatii mehrere Verwandte in hohe Ämter installieren. Gratian gelang es, viele unter Valentian I. entstandene Konflikte erfolgreich zu entschärfen. Dazu zählten vor allem die Spannungen mit dem Senat, dessen Mitglieder Gratian mit Amnestien, Steuererlass und Rückgabe von konfisziertem Vermögen besänftigen konnte. Zur wichtigsten Residenz Gratians wurde zunächst Trier, wo er sich während seiner Regierung auch insgesamt am längsten aufhielt. Militärisch setzte Gratian die Maßnahmen seines Vaters zur Sicherung der Rheingrenze fort und bediente sich hierbei insbesondere seiner germanischen Truppen. Die vorrückenden Alamannen konnte Gratian erfolgreich bekämpfen. 376 feierte Gratian seine Decennalien (zehnjähriges Regierungsjubiläum). Ob er anlässlich dieser Feiern, wie oft behauptet, wirklich nach Rom reiste, ist in der Forschung nach wie vor umstritten. 378 feierte Gratian bei der Schlacht bei Argentovaria (in der Nähe des heutigen Colmar) einen großen Sieg und konnte die Alamannengefahr endgültig erfolgreich abwehren. Im selben Jahr begab er sich angesichts der drohenden Gefahr durch die Goten nach Sirmium. Er kam jedoch zu spät, um seinem Onkel Valens zu helfen und konnte dessen Niederlage und Tod in der Schlacht von Adrianopel nicht verhindern. Seit 379 hielt er sich häufig in Mailand auf, wo der Bischof Ambrosius seinen Einfluss geltend machte, der jedoch insgesamt nicht überschätzt werden sollte. 383 kam es zu einer großen Hungersnot und gleichzeitig zu mehreren Angriffen von Germanen. Auf dem Weg zu deren Abwehr erfuhr Gratian von der Usurpation des Magnus Maximus in Britannien. Gratian begab sich daraufhin auf einen Feldzug gegen diesen und die Heere trafen in der Gegend des heutigen Paris aufeinander. Es gelang Magnus Maximus jedoch, den Großteil der Soldaten Gratians zum Überlaufen zu bewegen und Gratian musste mit wenigen verbliebenen Begleitern nach Lyon fliehen. Dort wurde er jedoch bald eingeholt und am 25. August 383 vom Heermeister Andragathius durch eine List ermordet. Während der Regierungszeit des Gratian wurden neben den regulären Goldemissionen auch eine Reihe von Goldmedaillonen, wie das hier angebotene Exemplar, geprägt. Goldmedaillone zeichnen sich gegenüber den Hauptnominalien in erster Linie durch ihr höheres Gewicht aus, stehen aber immer in einer bestimmten Relation zum römischen Pfund (libra). Die römischen Goldmedaillone erinnern diesbezüglich an die neuzeitlichen Mehrfachdukaten, Portugaleser oder Donative. Die Goldmedaillone, die auch als Multipla bezeichnet werden können, waren nicht für den regulären Geldumlauf bestimmt. Sie wurden zu speziellen Anlässen emittiert und dienten als kaiserliche Geschenke an hohe Würdenträger und Heerführer. Wie diese Medaillone in den Besitz verschiedener Völkerwanderungsstämme gelangten, kann aufgrund des Mangels an schriftlichen Quellen für das 3., 4. sowie das frühe 5. Jahrhundert nicht genau rekonstruiert werden. Die einzige Quelle für das 6. Jahrhundert, die diesbezüglich Aufschluss gibt, ist die Historia Francorum von Gregor von Tours. Dieser berichtet darin, dass die Medaillone dem Merowingerherrscher vom Imperator selbst geschickt wurden. Die Multipla gelangten also direkt aus den Händen des Kaisers in die Hände einflussreicher Germanen. Gregor von Tours erwähnt jedoch nicht, ob sich die von ihm am Merowingerhof gesehenen Medaillone in Fassungen befanden oder ob dies nicht der Fall war. Da er die Medaillons als kostbaren Schmuck (ornamenta) bezeichnet, scheint es denkbar, dass die Medaillone bereits gefasst überreicht wurden. Die meisten der im Barbaricum gefundenen Multipla stammen wie unser Stück aus der Trierer Münzstätte. Die gesteigerte Produktion von Medaillonen in Trier sieht Aleksander Bursche darin begründet, dass diese für das in Gallien kämpfende Heer benötigt wurden. Neben den geplanten Verleihungen an Würdenträger gelangten die Medaillone jedoch auch auf andere Weise in die Hände von Barbaren, etwa als Beute nach verlorenen Schlachten. Insgesamt sind die Goldmedaillone wertvolle Zeugnisse für die Beziehungen zwischen Römern und Ostgermanen im 4. und 5. Jahrhundert. Die römischen Goldmedaillone wurden von germanischen Goldschmieden gefasst bzw. später auch imitiert. Repräsentativer Goldschmuck spielte in der Selbstdarstellung sozialer Gruppen des spätrömischen Reiches eine große Rolle und die Abnützungsspuren an vielen gefundenen Goldmedaillonen sprechen dafür, dass diese bis zu ihrer Verbergung umfangreich genutzt wurden. Die Eigentümer trugen die Multipla, um damit ihrer Macht, ihrem Reichtum und ihren Beziehungen zum Römischen Reich Ausdruck zu verleihen. Zu den Goldmedaillonen als Zeichen der römisch-germanischen Politik und ihrer Rolle in der Spätantike sei an dieser Stelle auf den hervorragenden Aufsatz von Aleksander Bursche verwiesen: Aleksander Bursche, Die Rolle römischer Goldmedaillone in der Spätantike. In: Wilfried Seipel (Hg.), Barbarenschmuck und Römergold. Der Schatz von Szilágysomlyó (Ausstellung des Kunsthistorischen Museums Wien und des Magyar Nemzeti Múzeum Budapest, 2. März bis 2. Mai 1999, Wien). Marius Wolter
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