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Gorny & Mosch
Auction 298  11 Oct 2023
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Lot 2648

Estimate: 65 000 EUR
Lot unsold
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POLEN
Zur Zeit von Sigismund III., 1587 - 1632. Gulden zu 2/3 Reichstalern o.J. (wohl 1613 - 1632, wahrscheinlich 1618). SI. DEVS. NOBIS. CVM. QVIS. CONTRA. NOS. (Wenn Gott mit uns, wer gegen uns), gekrönter polnischer Adler mit Brustschild, darauf Ranken, den Adlerkopf nach links / MONETA. ARGENT. REGN. POLO. (Silbergeld der polnischen Herrschaft), gekrönter und verzierter, quadrierter Wappenschild Polen- Litauen-Russland mit schwedischem Mittelschild, bei dem die Mitte jedoch eher einem nach links steigenden Löwen als der Wasa-Garbe ähnelt. Kopicki . Gum. . Hutten-Cz. . Dav. . Slg. Radziwill S. 45ff. (dort Titelstück). 19,36 g.
Von allergrößter Seltenheit! Einziges im Handel bekanntes Exemplar! Womöglich das Stück der Sammlung Radziwill!
Unregelmäßige Tönung, sehr schön

EINE HISTORISCHE EINORDNUNG
Die historische Einordnung dieser enigmatischen Prägung bereitet Schwierigkeiten, auch wenn es durchaus Anhaltspunkte gibt. Stilistische Eigenschaften, Typus und Münzfuß deuten sicher auf das erste Drittel des 17. Jahrhunderts hin. Besonders auffällig und für die Zeit untypisch ist der Umstand, dass die Umschrift die Nennung eines Herrschers tunlichst vermeidet und statt dessen schlicht vom Regn(um) Polo(niae) spricht. Radziwill folgert aus diesem Umstand, der ungefähr bestimmbaren Zeitstellung, dem recht groben Stempelschnitt sowie dem ebenfalls hinsichtlich des Regenten aussagelosem Brustschilds des polnischen Adlers, dass es sich um eine irreguläre Prägung "einer revolutionären Partei" handeln müsse, schließt aber aufgrund stilistischer Erwägungen sowie aufgrund des Nominals der Münze den Aufstand des Mikolaj Zebrzydowski und des Prinzen Janusz Radziwill in den Jahren 1606 und 1607 als Entstehungshintergrund aus. Vielmehr vertritt er die Ansicht, diese Prägung stehe im Zusammenhang mit den politischen Wirren und Aufständen der Jahre 1606 bis 1610 im Anschluss an die von polnischen Adeligen und Truppen unterstützte Einsetzung des Falschen Dimitri als Moskauer Zaren (1605 / 1606). Er unterstellt sogar, dass es sich um eine Prägung Sigismunds III. selbst oder seins Umfelds handeln müsse, die dazu gedient habe, die rebellierenden Söldner auszuzahlen. Die ausgesprochene Seltenheit dieser Münze ergäbe sich daraus, dass der König nach Beendigung der Rebellion die Spuren der eigenen Schwäche habe beseitigen wollen und diese Prägung eingezogen habe.Auch wenn diese Überlegungen nicht vollkommen von der Hand zu weisen sind und eine Entstehung während der Unruhen der Jahre ab 1606 nicht auszuschließen ist, kommt jedoch auch ein anderer historischer Hintergrund in Betracht, ist sogar sehr viel wahscheinlicher. So mag der Hintergrund dieser Prägung wohl eher in den Ereignissen der Jahre zwischen 1613 und 1618 liegen, was mit dem Stil und dem Nominal des vorliegenden Stücks ebenfalls durchaus im Einklang stehen würde. Der Sohn König Sigismunds III., der später als Wladislaw IV., 1632 - 1648, in die Geschichte eingehen sollte, bestieg im Jahre 1610 den russischen Thron, wurde aber bereits 1613 durch Michael Romanow wieder vertrieben. Die Folge war ein bis 1618 offen geführter militärischer Konfikt zwischen diesen beiden Machtanwärtern. Womöglich liegt uns mit diesem extrem raren Stücke eine polnische Prägung des Wladislaw Wasa vor; sicher schon in Vorwegnahme der später tatsächlichen Nachfolge auf den polnischen Thron.Und in der Tat sprechen einige gewichtige Indizien für diese Deutung, vor allem der Wappenschild. Es ist nicht zu übersehen, dass der Mittelschild dem der schwedischen Wasa im Wesentlichen entspricht und der eigentliche Wappenschild nicht nur die Territorien Polen sowie Litauen umfasst, wie auf den Prägungen Sigismunds III. üblich, sondern eben auch Russland; eine Auswahl, die mit den Machtinteressen Wladislaws und auch mit dessen Biografie vollkommen in Deckung gebracht werden kann. Diese Auswahl wäre allerdings für die von Radziwill in Erwägung gezogenen Zusammenhänge überraschend und inkonsequent. Es ist nicht einsichtig, dass Rebellen gegen den Wasa-König gerade das Wasa-Wappen verwenden sollten. Ebenso ist es nicht nachvollziehbar, warum der polnische König bei eigenen Prägungen auf die Nennung seines Namens verzichten sollte. Die Weglassung eines Herrschernamens passt hingegen sehr gut in die Deutung, dass dieses Stück eine Prägung des Wladislaw ist. Er konnte nach seiner Vertreibung aus Moskau und vor seiner Nachfolge in Warschau nicht im eigenen Namen polnische Münzen prägen, da dieser Königstitel von seinem Vater immer noch mit Nachdruck beansprucht wurde.Folglich liegt es sehr nahe, dass der eigentliche Hintergrund dieser Prägung im militärischen Konflikt von Wlasdislaw Wasa und Michael Romanov während der Jahre zwischen 1613 und 1618 liegt. Man mag nun darüber spekulieren, ob der hier gewählte Münzfuß zu einem Gulden (2/3 Reichstaler) als ein Hinweis auf eine geplante Anwerbung von Söldnern beispielsweise aus Norddeutschland oder den Niederlanden, wo dieses Nomimal zu dieser Zeit weit verbreitet war, gedeutet werden kann. Zumindest könnte diese Annahme die extreme Seltenheit dieser Münze erklären, denn bevor solche Pläne hätten realisiert werden können, kam es im Dezember 1618 zum Frieden von Deulino , der die Kampfhandlungen, die erst 1632 und nach der Wahl Wladislaws zum polnischen König wiederaufgenommen wurden, vorerst beendete. Denkbar wäre demnach sicherlich auch, dass das Stück später zwischen 1618 und 1632 entstanden sein könnte; eben in Vorbereitung zu einer niemals umgesetzten Militäraktion gegen Russland unter Anwerbung der infolge des 30jährigen Kriegs reichlich vorhandenen Söldner aus dem Reichsgebiet.Das vorliegende Stück entspricht in seiner Beschreibung und der Abbildung dem Exemplar der Sammlung Prinz Radziwill (Katalog Radziwill, Berlin 1869), das vor der Mitte des 19. Jahrhunderts in Litauen gefunden worden sein soll. Dort wird das Gewicht mit 1 Lot 5/16 angegeben, was nach preußischem Standard und unter Berücksichtigung von Rundungsfehlern einer Gewichtsspanne von etwa 18,7 g bis 19,6 g entspricht. Das vorliegende Exemplar fällt mit seinen 19,36 g exakt in diese Spanne. Die Abbildung des leider nur als Kupferstich überlieferten Exemplars der Sammlung Prinz Radziwill legt die Vermutung nahe, dass es mit dem hier nun vorliegenden Stück identisch sein könnte.English version / Wersja Polska www.gmcoinart.de
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