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Gorny & Mosch
Auction 293  6-7 Mar 2023
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Lot 774

Estimate: 150 EUR
Price realized: 325 EUR
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BYZANTINISCHE BLEISIEGEL. Siegel des 9. Jahrhunderts.
Bardas. Zweiseitiges Siegel ø 24mm (7,19g). Ca. 860 - 880 n. Chr. Vs.: + KE ROHΘEI TW CW ΔOVΛ' , Pfau steht radschlagend, Kopf nach links, im Binnenreif. Rs.: + RAPΔ-A R' A' CΠAΘ, - S CTPATI-Γ, TWN ΘPA-KICIW'.
Graugelbe Patina, vz

Ex Sammlung Prof. Dr. Wolfram Weiser; ex Münzen & Medaillen Deutschland Auktion 35, 2011, Los 255.
"K(yri)e boethei to so dul(o) / Barda b(asiliko) a (= p(roto))spath(ario) s (=kai) stratig(o) ton Thrakisio(n)"; "Herr hilf deinem Diener / Bardas, (dem) basilikos Protospatharios und Strategos der Thrakesier"; - auf dem Revers ist Eta jeweils durch Iota ersetzt, phonetisch damals gleichwertig; - Zum Datum schrieb Werner Seibt, Österreich I 332: "Heiligendarstellungen, wie sie ab dem 11. Jh. so breiten Raum einnehmen sollten, fanden sich im 10. Jh. erst bei einem geringen Prozentsatz von Bullen. Dagegen kam etwa im 2. Drittel des 10. Jh. eine neue Mode auf, die jedoch nur beschränkten Anklang fand und ab dem Ende des 10. Jh. wieder weitgehend überholt war: Man wählte für die Avers-Seite der Siegel Tierdarstellungen, wobei der Pfau relativ beliebt gewesen sein dürfte."
Analog zu den Siegeln mit Stufenkreuz, war das Bild noch recht klein und von einem Binnenreif umgeben. Bei vorliegendem Stück misst der Binnenreif 11,5mm gegenüber 21mm Siegelfeld-Breite. Eines dieser Kreuzsiegel in datierbar auf "bis 876", maximal "seit 866": Österreich I 147ff, 43 Tafel 4: Gregorios, basilikos Protospatharios & Baiulos (vgl. auch ebd., 187f, 72 Tafel 5).
Etwas jünger sind die Pfauensiegel gleicher Größe, ohne Binnenreif, mit breiterem Bild und zuweilen schon mit Revers-Dekor; ein Typ, von Iohannes, Strategos von Sizilien, ist vielleicht in die Zeit 921/922 datierbar (DOC.Seals I 28, 517):
- Theophylaktos, Magistros (Nesbitt, Aphrodisias, 163, 13 Abb.);
- Marianos, Anthypatos Patrikios & Komes tu Staulu (Zacos/Nesbitt 417, 935 Tafel 89);
- Iohannes, Patrikios & basilikos Protospatharios & Strategos Sikelias (DOC.Seals I 28, 517);
- Konstantinos, basilikos Protospatharios epi tu chrysotriklinu & Domestikos ton Optimaton (DOC.Seals III 119, 71.6);
- Leon, basilikos Protospatharios epi tu chrysotriklinu & Domestikos ton Optimaton (DOC.Seals III 120, 71.9);
- Theo(...)stos, basilikos Protospatharios & Strategos ton Armeniakon (DOC.Seals IV 70, 22.50);
- Nikephoros, basilikos Protospatharios & Strategos Nikopoleos (Zacos/Nesbitt 418, 938 Tafel 89);
- Abramios, basilikos Protospatharios & Idikos (?) (Laurent II 316, 620 Tafel 24;
- Iohannes, basilikos Protospatharios & Epi tu Idiku Logu (Zacos/Nesbitt 415, 928 Tafel 89);
- Manas(se?), basilikos Protospatharios & epi tes megales Hetaireias (Jordanov, Preslav 44f, 63 Tael 9);
- Niketas, basilikos Protospatharios & Epi tes megales Hetaireias (Zacos/Nesbitt 419, 940 Tafel 89);
- Georgios, basilikos Spatharokandidatos & Epi tes megales Hetaireias (Zacos/Nesbitt 414, 924 Tafel 88);
- Iohannes, basilikos Spatharokandidatos & Epi tes megales Hetaireias (Zacos/Nesbitt 415f, 929 Tafel 89);
- Staurakios, basilikos Spatharokandidatos & E(...) (MZ 157, 2011, 617);
- Georgios, basilikos Spatharios & Kommerkiarios Chaldias (DOC.Seals IV 90, 32.18);
Die jüngste Serie von Pfauensiegeln zeigt den Vogel feldfüllend, ohne Invokation; zu den jüngsten Stücken gehören sicher die Siegel des Gregorios Baskinos, die schon den speziellen Perlbandkreis zeigen, der um 950/975 in Mode war (Österreich I 191 zu 75 Tafel 6):
- Staurakios, Praipositos & basilikos Sakellarios (Laurent II 398, 762 Tafel 28);
- Bardas, basilikos Protospatharios & Strategos Hellados (DOC.Seals II 39f, 8.40);
- Christophoros, basilikos Spatharios & Kurator tu Magistru (Coll. Orghidan 103, 1091 Tafel 23);
- Theoktistos, mit metrischem Text (MZ 96, 1998, 644 (mit unsinniger Lesung); MZ 156, 2010, 913);
- Konstantinos Barachalles (Coll. Vatican 183, 176 Tasfel 24);
- Gregorios Baskinos (Jordanov, Bulgaria II 82, 87-88 Tafel 511);
Der Signatur ist jedenfalls sicher nicht identisch mit dem Neffen von Leon V., Bardas, Strategos der Thrakesier, im Amt bezeugt 819/820 (PMBZ 789).
Im Kletorologion des Philotheos (899) rangiert der Militärgouverneur der Thrakesier nach wie vor an vierter Stelle (Oikonomides, Listes 137, 23), hinter demjenigen der Anatoliken, dem Domestikos der Scholen und dem Strategos der Armeniaken. Als Höchstrang ist vorgesehen: Anthypatos Patrikios (137, 23), jedoch, summarisch, auch noch Protospatharios als möglich erachtet (143, 22f).
Zum Pfau steht im Physiologus: "Der Pfau ist ein bunter Vogel vor allen Vögeln. Er ist von schöner Farbe und hat herrliche Flügel. Wenn er umhergeht, schaut er sich an und freut sich über sich; er schüttelt sich und schlägt Rad und schaut stolz um sich" (wie auf den Siegeln). "Wenn er aber auf seine Füße blickt, schreit er wild, denn seine Füße gleichen nicht seiner schönen Gestalt. Und du nun, vernünftiger Mensch, wenn du deine Pracht und deine Güter siehst, ergötze dich und freu dich und prunk in deiner Seele; wenn du aber auf deine Füße blickst, das heißt, auf deine Fehler, so schrei und wein zu Gott und hass die Sünde, wie der Pfau die Füße, damit du gerecht vor deinem Bräutigam erscheinst."
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