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Gorny & Mosch
Auction 293  6-7 Mar 2023
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Lot 788

Estimate: 200 EUR
Price realized: 425 EUR
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BYZANTINISCHE BLEISIEGEL. Siegel des 11. Jahrhunderts.
Nikephoros. Zweiseitiges Siegel ø 33mm (19,16g). Vor 1042 n. Chr. Vs.: MH(T)HP - Θ (EO)V, nmbierte Madonnenbüste, mit erhobenen Händen betend, mit Christus-Medaillon auf der Brust (Theotokos Episkepsis) Rs.: -+- NIKHΦO-POC ΠPOE-ΔPOC KAI ΓE-NIKOC ΛOΓO-ΘETHC O TOV ΠPI EVΘV-MIOV- .
Gelbbraune Patina, vz

Ex Sammlung Prof. Dr. Wolfram Weiser; ex Gerhard Hirsch Nachfolger Auktion 281, 2012, Los 1148; ex Auktion 271, 2011 (Slg. Kulick), Los 2719; ex Müller Auktion 67, 1991, Los 296.
"Meter theu / Nikephoros prohedros kai genikos logothetes ho tu p(at)ri(kiu) Euthymiu"; "Mutter Gottes / Nikephoros, Prohedros und genikos Logothetes, der des Patrikios Euthymios"; - zur Formel "ho tu" vgl. Österreich I 324. Nikephoros war "General-Logothet", Reichs-Steuerminister (vgl. Guilland, Logothètes, 5-24). Nur dieses Siegel überliefert, dass der Euthymios, über den sich Nikephoros definiert, den Rang "Patrikios" geführt hat. Wenn sich ein so hoher Herr wie Nikephoros beehrt, seine enge Beziehung zu einem Patrikios Euthymios zu betonen, so muss auch dieser Euthymios seiner Zeit ein bedeutender Mann gewesen sein.
Die schönen, kräftigen Lettern wurden so auch auf Siegeln der Patriarchen Alexios Studites, 1025-1043, und Michael I. Kerularios, 1043-1058, verwendet (Zacos/Nesbitt 15-19, 14cd-15a-d Tafel 3-4; Oikonomides, Dated DOC.Seals 84, 84 (= Zacos/Nesbitt 14d) und 87f, 88 (= Zacos/Nesbitt 15a), und zwar etwa in der Zeit 1040/1054 (Oikonomides, Dated DOC.Seals 78-88, 76, 84 und 88).
Ein weiterer Herr "tu Eutymiu" ist sigillographisch nachgewiesen: Michael, Magistros-Bestes & Krites der Thrakesier: DOC.Seals III 9, 2.18; MZ 124, 2005, 1068 = MZ 128, 2005, 690 = MZ 152, 2009, 980; GM 208, 2012, 2592 = GM 180, 2009, 515 = Roma 9, 2015, 985; Coll. Theodoridis 93f, 80a-b; MZ 171, 2015, 756; Leu 12, 2020, 1570 (8,85g). Michael "der des Euthymios" wurde um 1051 eines Komplotts gegen Kaiser Konstantinos IX. Monomachos bezichtigt (Skylitzes 471). Vorher war sein Bruder Nikephoros "Richter der Thrakesier" gewesen (Acta Sanctorum November III 541, zitiert nach DOC.Seals III 9). 1042 setzte ihn Kaiserin Theodora als Eparchos von Konstantinopel ein; in diesem Zusammenhang ist das nomen gentile überliefert: "Kampanarios" (Coll. Theodoridis 94 mit Anm. 199).
Euthymios, Patrikios, ist vermutlich sigillographisch bekannt, allerdings in noch exklusiverem Rang: Anthypatos-Patrikios & Epi tes sakelles: Laurent II 416f, 797 Tafel 29 (DOC 58.106.2520) bzw., im gleichen Rang, als Logothetes tu stratiotiku: Coll. Antakya 416, 43 Tafel 4 (dort von J.-C. Cheynet, mit Hinweis auf vorliegendes Siegel, als Vater von Nikephoros ho tu Euthymiu bezeichnet). Als "epi tes sakelles" in diesem hohen Hofrang war Euthymios der Direktor der Sakelle, "Reichs-Schatzmeister". Diese Charge wurde ausschließlich an Eunuchen vergeben. Die Formel "ho tu", "der des", ist in diesem Fall leicht erklärlich: Michael und Nikephoros waren keine Söhne, aber enge Verwandte des hohen Herrn Euthymios, wohl dessen Neffen (vgl. etwa der Siegel eines Iohannes, Bestarches, der sich vorstellte als "anepsios tu phoilakos", "Neffe des Phylax", sicher eines Eunuchen, der den persönlichen Tresor des Kaisers zu betreuen hatte: Berlin I 232, 171 = Schulten Frühjahr 1990, (Slg. Etterich) 1136 = MZ 81, 1995, 1523 = SB 76, 1998, 493 = Weiser, Peus 1397); vgl. auch das Phänomen der "Papstnepoten", Neffen des Papstes, die Jahrhunderte lang im Kardinalsrang nächst-verwandte, intimste und wichtigste Zuarbeiter ihres kinderlosen päpstlichen Onkels waren.
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